Setzkasten, Düsseldorf, Juli 2022

Setzkasten, Düsseldorf, Juli 2022

Setzkasten, Berliner Allee 52, 40212 Düsseldorf

Eingang zum Restaurant Setzkatzen im UG des Edekas

Ein ungewöhnlicher Ort für ein Sternerestaurant ist im Untergeschoss des Edekas neben der Feinkostabteilung. Wir wussten erst nicht, dass wir wirklich ganz normal den Supermarkt betreten müssen und sind erst etwas umhergeirrt. Nachdem wir bis zu den Parkdecks gelaufen sind und wieder zurück, haben wir endlich das Wegweiserschild gesehen, welches uns auf die untere Ebene des Edekas führte. Ab dem Rollband war der Weg dann klar ausgeschildert. Jetzt haben sich für uns auch die etwas seltsamen Öffnungszeiten des Restaurants erklärt. Die Schließzeit um 22:00 ist für ein Restaurant mit Course Menus doch ein wenig früh.

Im Inneren des Restaurants war dann von der Supermarktatmosphäre nicht mehr viel zu bemerken. Durch Vorhänge vom Einkaufsgeschehen abgetrennt, fanden wir uns in einem hellen Raum wieder. Die Küche ist offen und man konnte sehen, dass ein sehr junges und ambitioniertes Team unser Menü zubereitet. Die Tische sind überdimensioniert groß - worüber meine Schwägerin und ich uns gleich gefreut haben. Es ist wirklich sehr angenehm, wenn man bei diesen langen Menüs genug Platz für alle Gläser und die Präsentation der Gerichte hat. Auf den Tischen liegen Tischläufer, was jetzt nicht so mein Fall ist, aber Geschmäcker sind ja zum Glück verschieden :)

Vorab gab es mal wieder die feuchten Tücher, die sich in der gehobenen Gastronomie durchzusetzen scheinen. Hier hat es für mich neben anderen Duftstoffen zu sehr den Geruch von Desinfektionsmittel gehabt. In diesem Fall kein guter Ersatz für die heißen Tücher aus Asien, jedoch besser als nichts.

Vorab wurde uns das Amuse Gueule gebracht. Es gab einen Kohlrabi Ravioli und Gazpacho mit Granny Smith aus dem Reagenzglas. Beides ein gelungener Auftakt!

Gruß aus der Küche mit Kohlrabi und Granny Smith

Der Brotgang hat mir besonders gut gefallen. Neben dem selbstgebackenen frischen Brot gab es aufgeschlagene Butter mit Pfeffer, Kresse und Fischrogen. Dazu eine Olivenöl-Tomaten-Reduktion. Ich musste mich sehr beherrschen, nicht zu viel Brot vor dem Menü zu essen.

Brotgang mit aufgeschlagener Butter (Pfeffer, Kresse, Rogen) und Olivenöl mit Tomate

Als erster Gang wurde uns die Ceviche nach peruanischer Art serviert. Bei der Ceviche gart der rohe Fisch in der Säure des Limettensafts. Grundsätzlich mag ich Ceviche sehr gerne, jedoch ist es wegen der Säure und Chili für meinen Magen eine echte Herausforderung. Der Gang wurde von einem Azubi entworfen, was ich super finde. Wenn der Nachwuchs viel kann, soll er sich gerne ausprobieren dürfen :)

Erklärt wurde uns die Ceviche mit den Sätzen, dass es eine authentisch südamerikanisch peruanische Ceviche sei. Dann wurde beschrieben, wie Ceviche oft in Deutschland serviert wird und dass eigentlich mit mehr Säure gearbeitet werde. Ich habe leider noch nie in Deutschland Ceviche gegessen - nur in Costa Rica und Miami. Daher hat mir die Beschreibung nicht so viel gebracht. Den Vergleich kann ich selbst also nicht ziehen. Das Gericht hat mir fabelhaft geschmeckt, aber in der Nacht habe ich leider meinen Magen gespürt. Interessant fand ich mal wieder, dass Zutaten, die ich normalerweise immer an den Rand lege, mir bei entsprechender Zubereitung gut schmecken können. Hier war es die Stangensellerie. Die Ceviche vom Thunfisch auf Topinamburcreme wurde frisch am Tisch angemacht.

Ceviche Peru; Leche de Tigre, Thunfisch und Topinambur

Der zweiter Gang ist für den Sommer ungewöhnlich. Foie Gras kennt man normalerweise als Bestandteil in den Herbst- und Wintermenüs. Hier in der Kombination mit Aal und Ananas hat es nicht schwer, sondern sehr frisch geschmeckt. Tolle Kombination! Daneben gab es alle Zutaten in einer Holzschale zu einer Mousse verarbeitet. Auch bei dieser Zubereitungsart hat mir alles sehr gut geschmeckt.

Aal und Foie Gras mit Ananas, Estragon und Pfeffer
Alle Zutaten des zweiten Gangs aufgeschäumt

Der dritte Gang ist ein weiterer Fischgang. Hier Wolfsbarsch mit Haselnuss und Yuzu. Der Wolfsbarsch wurde nach der Ike Jime Methode getötet. Es ist eine Tötungsart, die die Fische weniger stresst und somit die Muskeln nicht verkrampfen. Das Fleisch ist also zarter als bei der herkömmlichen Tötungsmethode. Wolfsbarsch ist einer meiner Favoriten und hier im Menü wurde er hervorragend zubereitet. Sehr weich und mit Yuzu obenauf kombiniert. Ich habe diesen Gang sehr genossen.

Ike Jime Loup; Wolfsbarsch, Haselnuss und Yuzu

Der Zwischengang vor dem Hauptgang enthielt ein tolles Showelement. Wie so oft in der Sterneküche bestand der zusätzliche Gang vor dem Hauptgang aus einer Art Sorbet. Das Cassis-Sorbet wurde in Form eines Darth Vader in die Schale gelegt. Die Jus dazu wurde mittels Pipette aus der Champagner-Lavalampe gezogen und um das Sorbet drapiert. Geschmacklich hat der Zwischengang funktioniert - wir waren neutralisiert und konnten uns auf den Hauptgang freuen.

Showelement des Zwischengangs - Lavalampe
Zwischengang Cassis Royal; Triumphbeere, Rosa Pfeffer, Magnesium

Das Miyazaki Wagyu war der absolute Höhepunkt des Menüs. Das Fleisch zerging auf der Zunge. Wahrscheinlich war es das bisher beste Wagyu, das ich je gegessen habe. Die Jus und die Erbsencreme dazu waren gut und haben nicht zu sehr vom Fleisch abgelenkt. Aber eigentlich hätte man außer dem Fleisch nichts dazu gebraucht. Es war fantastisch!

Hauptgang Miyazaki Wagyu mit Erbse und Ingwer

Als Dessert gab es selbstgemachte Burrata, Mandelbaiser und Mandel-Aprikosen-Chutney. Die Burrata war hervorragend und das Chutney eine tolle Kombination. Das Mandelbaiser dagegen war nicht ganz mein Fall, aber gestört hat es auch nicht.

Baiser
Albicocca; Burrata, Basilikum, Mandel
Aprikosenchutney mit Mandel

Statt klassischen Petit-Four gab es ein Déjà-Vu. Optisch an den Brotgang erinnernd wurden Windbeutel mit Vanillecreme gebracht. Dazu eine Emulsion mit Himbeere. Die Vanillecreme hat sehr gut geschmeckt, die süße Emulsion hat in mir Sehnsucht nach der tollen Tomaten-Reduktion erzeugt. Die konnte mich also nicht erreichen :)

Windbeutel mit Vanillecreme und Himbeere

Insgesamt war es ein tolles Menü mit sehr originellen Ideen. Ich war vom Essen wirklich begeistert. Wenige Kleinigkeiten sind meinen persönlichen Vorlieben geschuldet. Getrunken haben wir (auf Empfehlung) die Flasche Weißwein, die im Pairing zum ersten Gang (Ceviche) gesetzt wurde. Zum Abschluss haben wir einen Espresso getrunken. Hier sind uns bei der Zuckerauswahl wieder die Röhrchen aus dem Amuse Gueule begegnet.

Zuckerauswahl zum Espresso

Der Service war gut und freundlich, aber leider hat das Nachschenken nicht so gut geklappt. Man musste häufig darum bitten, sowohl beim Wein wie auch beim Wasser. Deponiert waren die Flaschen auf den unbesetzten Tischen an dem Mittenmöbel - sie waren also nicht für die Gäste erreichbar. Es war auch nicht jederzeit möglich, eine Servicekraft herbeizurufen. Teilweise servierten die Azubi-Köche? Beim Einschenken der Getränke und beim Aufgießen der Jus wurde öfters gekleckert und nicht wieder weggewischt. Das hat uns etwas irritiert. Zumindest begegnet einem solch ein Lapsus nicht oft in der Sterneküche - und selbst wenn, wird es schnellstens saubergemacht.

Beim Verlassen des Restaurants ging es also wieder durch den Supermarkt. Die Toilette befindet sich übrigens auch außerhalb des Restaurants im Supermarkt. Sie war ok und auch sauber, aber reißt einen doch aus der Restaurantatmosphäre heraus. Geärgert hat uns dann aber beim Ausgang, dass wir warten mussten, bis ein Kunde seinen Einkauf gezahlt hatte. Die Supermarktschranke bei den Selbstscannerkassen geht nur auf, wenn man seinen Kassenbon vorhalten kann. Es wäre gut, wenn man irgendetwas in die Hand bekäme (der Zahlungsbeleg des Restaurants funktionierte leider nicht), um beim Ausgang nicht warten zu müssen. Insgesamt würde ich das Restaurant als hervorragend bewerten, wenn es um das Menü geht, jedoch war der Service nur ok. Die Atmosphäre war ok bis gut. Es ist auf jeden Fall Mal eine andere Erfahrung, Sterneküche zu genießen.

Im Restaurant hatten wir zu dritt ohne Trinkgeld etwas über 500 EUR gezahlt. Das sieht im Vergleich zu anderen Sternerestaurantrechnungen vielleicht günstig aus - wir hatten aber nicht viel getrunken (eine Flasche Wein, Wasser und als Aperitif Champagner = ca. 100 € insgesamt). Normalerweise beträgt der Posten für die Getränke 80-120 € pro Person, wenn man Aperitif, Weinpairing/Cocktails und Wasser zusammenrechnnet.